Neujahrsempfang 2017

Peter Biesenbach, MdL und Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Silvesternacht 2015“ über ein immer noch aktuelles Thema.

Gutes Gespür bewiesen die Organisatoren vor Monaten bei der Auswahl von Referent und Thema für den diesjährigen CDU – Neujahrsempfang, auch wenn das originäre Ereignis mehr als ein Jahr zurückliegt. Die Aufarbeitung der Ereignisse und deren Hintergründe in der Silvesternacht 2015 am und um den Kölner Hauptbahnhof dauert an, wie die permanente Kommentierung in den Medien auch ein Jahr danach belegt. Dies vor dem Hintergrund, dass die kürzlich unter besonderen Vorkehrungen bewältigte Silvesternacht 2016 in Köln zwar ohne größere Zwischenfälle abgelaufen ist, aber noch der Auswertung der Daten bedarf. Zu eindrücklich sind zudem die schrecklichen Geschehnisse kürzlich auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin ins Bewusstsein gerückt worden, als dass das Thema Sicherheit den Bürgern gleichgültig wäre. Im Gegenteil, die Verunsicherung der Bevölkerung ist greifbar und brennt unter den Nägeln. So fand Peter Biesenbach für seine sachlichen und aufschlussreichen Ausführungen ein voll besetztes Bürgerforum vor.

In diesem Jahr hatte die CDU – Rösrath wieder zu ihrem traditionellen Neujahrsempfang in das Bürgerforum eingeladen. Der Neujahrsempfang ist insbesondere denjenigen Menschen der Stadt gewidmet, die sich ehrenamtlich und beruflich im besonderen Maße für das Gemeinwohl einsetzen. Ihnen gilt es, ihren unermüdlichen Einsatz für die Gemeinschaft zu würdigen und Dank zu sagen.

Weit mehr als 180 Personen aus Politik, Verwaltung, Vereinen und Ehrenamt, neben den Mitgliedern der CDU auch Mitglieder der anderen im Stadtrat vertretenen Parteien, konnte Fraktionsvorsitzender Erhard Füsser im Bürgerforum begrüßen. Die Gäste erwarte ein interessantes und kurzweiliges Programm: Zeitdisziplin sei also angesagt, bemerkte Füsser mit demonstrativem Hinweis auf seine Uhr.

Zunächst richtete der scheidende Landrat Dr. Herrmann-Josef Tebroke, der im Herbst 2017 als Kandidat des Rheinisch – Bergischen Kreises für die CDU bei der Bundestagswahl antreten wird, herzliche Grußworte an die Anwesenden, würdigte das hohe Engagement der Ehrenamtler aus allen Bereichen und dankte Politik und Verwaltung in Rösrath für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Mit Blick auf das neue Jahr rückte er den Begriff Zuversicht in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Für die großen anstehenden Aufgaben in der Rösrather Kommunalpolitik wünsche er sich weiterhin den fairen demokratischen Dreiklang aus Debattieren, Entscheiden und Umsetzen bzw. Handeln unter den Akteuren.

Hauptredner des Abends war Peter Biesenbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der  CDU – Landtagsfraktion und Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Silvesternacht 2015“. Aus erster Hand erfuhren die Zuhörer interessante Details zu den Vorgängen, Ereignissen und Hintergründen der denkwürdigen Silvesternacht vor mehr als einem Jahr rund um den Kölner Hauptbahnhof.
„Ich stehe hier vor Ihnen mit einem engen Zeitkorsett, das mir Herr Füsser geschnürt hat“, begann er humorvoll seine Rede. „Dabei wäre so viel zu sagen zu einem Thema, das uns allen unter den Nägeln brennt: nämlich das Thema Sicherheit in unserem Land. Wir leben in einer Region, die in besonderem Maße betroffen ist. Aber ich werde mich eng an die Zeitvorgabe halten“, betonte er mit Blick auf seine Uhr.

Sodann berichtete Herr Biesenbach sehr ruhig, sachlich und kenntnisreich aus seiner Arbeit als Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Silvesternacht 2015“, wobei er betonte, noch keine abschließende Bewertung der Vorfälle rund um die Domplatte in Köln vornehmen zu können. Dies sei dem Abschlußbericht vorbehalten, der erst im Laufe April 2017 vorgelegt werde. Erst dann seien abgestimmte Befunde im Gesamtkontext verwertbar. Der Referent spannte einen weiten Bogen von den terroristischen Attentaten in Paris, Brüssel, Barcelona, Nizza, Köln bis hin zu Berlin kurz vor Weihnachten. Die Geschehnisse machten „fassungslos und wütend“. Nicht nur wegen der Vorfälle vor einem Jahr auf der Domplatte stehe das Land NRW im Focus. Die FAZ habe seinerzeit kommentiert, NRW habe sich zu einem nationalen Sicherheitsrisiko entwickelt. Das Bundesland sei zu einem „Eldorado für Kriminelle und Straftäter“ geworden. Mehr als 1,5 Mio. Straftaten seien bisher angezeigt worden – mehr als Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Mit einer Aufklärungsquote von 49,6 % nehme NRW statistisch unter allen Bundesländern den letzten Platz ein, während z.B. Bayern eine Quote von 72,5 % erreiche. Die gravierenden Unterschiede schlügen sich insbesondere in den Werten der Großstädte nieder: Vor allem Köln (43,0 %), Dortmund (50,8 %) und Essen (51,7 %) markierten die Probleme in den städtischen Ballungsräumen in NRW, während z.B. München eine Aufklärungsquote von über 74 % vorweisen könne. Dieses Bild vertiefte er an Hand von Kennzahlen zu Wohnungseinbrüchen, Verurteilungen, Haftstrafen etc.

Bei den Vorgängen rund um die Silvesternacht 2015 in Köln sei die Polizeibehörde von einer total falschen Lageeinschätzung überrascht worden; bedingt u.a. durch das Eigenleben einer zu dezentralen Organisationsstruktur. Detailliert schilderte der Referent die Abläufe dieser Nacht in Köln, auch im Vergleich zu den bisherigen Erkenntnissen aus Silvester 2016. Während im Vorjahr gegen 23 Uhr nur 48 Polizisten rd. 1.500 potentiellen Tätern gegenüberstanden und damit nicht mehr deeskalierend eingreifen konnten, habe in 2016 ein Aufgebot von 1.700 Polizeikräften ca. 2.000 Besucher, teilweise nordafrikanischer Herkunft, kontrollieren können. Die soziologisch fundierte These, ob und inwieweit es sich an beiden Silvesternächten um gelenkte Versammlungen gehandelt habe, werden derzeit untersucht.

Die bisherigen Erkenntnisse aus Köln, Dortmund, Düsseldorf und anderen Brennpunkten  zeigen, dass Polizeipräsenz vor Ort entscheidend ist. Derzeit verfüge NRW über ca. 40.000 Polizeibeamte. Seit Mitte der 90er Jahre seien über 7.000 Polizeistellen abgebaut worden. Um z.B. einen vergleichbaren Besatz wie in Bayern zu erreichen, müsste NRW rd. 17.000 Polizeibeamte neu einstellen. Zudem seien Ausbildung und Laufbahn von Kriminalpolizei und Schutzpolizei zu trennen, um differenziertere und praxisnähere Einsätze zu ermöglichen.

Einen speziellen Aspekt in diesem Kontext widmete er der Salafistenszene, wonach NRW mit rd. 3.000 dem Salafismus nahe stehenden Personen und 40 salafistischen Zellen als Hochburg zu gelten habe. Symptomatisch für die Passivität des verantwortlichen NRW-Innenministers sei der Fall Anis Amri, einer von derzeit bundesweit 549 „Gefährdern“. Es sei geradezu fahrlässig gewesen, den mutmaßlichen Terroristen und Täter des schrecklichen Anschlages von Berlin nicht in Abschiebehaft zu nehmen, obwohl er sich lange in NRW aufgehalten habe und seine Identität seit Oktober 2016 geklärt gewesen sei.
 
Mit diesem bedrückenden Fall beendete Herr Biesenbach seinen hochinteressanten Vortrag. Zeitlich legte er eine Punktlandung hin – auch wenn die Gäste seinen Ausführungen gerne noch länger gelauscht hätten.

Holger Müller, Rösrather Landtagsabgeordneter der CDU und erneut Kandidat für die Landtagswahlen im Mai 2017, griff das Thema innere Sicherheit in seiner Grußadresse auf. Bereits vor mehr als einem Jahr sei der Vorschlag der CDU, Polizisten im Einsatz präventiv mit Bodycams auszustatten, von der NRW-Landesregierung zurückgewiesen worden. Im Lichte der aktuellen Entwicklungen sei eine solche Entscheidung nicht nachvollziehbar.

Als letzter Redner nutzte Bürgermeister Marcus Mombauer den Neujahrsempfang als Gelegenheit, um über das Erreichte von Verwaltung und Politik in 2016 zu berichten und die wichtigsten Projekte für das Jahr 2017 vorzustellen. Hierbei hob er die Revitalisierung des Rösrather Schulzentrums, den Ausbau der Rotdornallee in Hoffnungsthal und den Neubau der Feuerwache am Standort Forsbach hervor. Den Begriff Zuversicht aufgreifend bat er um Mitarbeit und Verständnis für die mit den Bauarbeiten verbundenen Behinderungen. Das in der Langfristplanung verfolgte Ziel, in 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sei erreicht worden. Dies sei nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die politische Arbeit in den Gremien und im Rat über die Parteigrenzen hinweg konstruktiv sei und gut funktioniere. Zum Abschluss dankte er allen Anwesenden für ihr Engagement:„Wie wir hier in unserer Stadt zusammenarbeiten, darauf können wir zu Recht stolz sein!“

Am Ende übernahm Bürgermeister Marcus Mombauer die Moderation, um in den karnevalistischen Teil des Abends überzuleiten. Denn weitere Akteure warteten auf Einlass.
Unter Fanfarenklängen zogen schließlich das Rösrather Dreigestirn und das Kinderdreigestirn samt Begleitung in den Saal ein und sorgten für heitere Stimmung. Mit einem Buffet und einem Glas Kölsch klang schließlich der Empfang aus – per saldo ein gelungener Jahresauftakt. (rh)

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