- Im Bereich der Forschung und der Digitalisierung kann Europa definitiv mehr.
Wir sind in vielen Bereichen Weltspitze – allerdings ist der Konkurrenzdruck groß. Insbesondere auch, weil wir in diesen Bereichen sowohl aus der Wirtschaft wie auch von staatlicher Seite zu wenig in unsere Zukunft investieren. Ich sage klar: Wir müssen den Wettbewerb mit USA und China wieder mit aller Kraft aufnehmen.
Deswegen müssen wir die Bereiche Forschung und Digitalisierung wesentlich stärker in den Fokus rücken als bisher. In der Spitzen- und anwendungsorientierten Forschung brauchen wir Impulse, die unsere vielen Forschungsstandorte in Europa auf ein Niveau mit den Spitzenstandorten in den USA und in China heben. Wir brauchen nicht nur „ein“ europäisches Harvard oder MIT, sondern viele davon. Und wir müssen unsere Forschungsstandorte noch stärker für die Wirtschaft öffnen – ganz wie es uns die TH Aachen aktuell vormacht.
Und ich glaube, dass wir wieder mehr Mut haben müssen, große Projekte zu stemmen. Ariane und Airbus sind exzellente Beispiele für eine wirtschaftlich und technologisch erfolgreiche Zusammenarbeit europäischer Unternehmen. Diese Zusammenarbeit müssen wir auch in anderen Bereichen der - Digitalisierung, der Robotertechnik und der künstliche Intelligenz fördern. Wir brauchen global Player, die industriepolitisch genauso wie in der Luftfahrtindustrie an der Weltspitze konkurrieren können. Hier muss auch das europäische Wettbewerbsrecht dem weltweiten Konzentrationsprozess in einigen Branchen Tribut zollen. Apropos Luft- und Raumfahrt: Diese war schon seit jeher ein Innovationstreiber, der in unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen technologischen Fortschritt gebracht hat. Deshalb sage ich ganz klar: wir dürfen den Wettlauf zum Mars nicht Amerikanern und Chinesen alleine überlassen. Wir haben das Zeug dazu, auf Augenhöhe mitzuhalten. Der Profit, den unsere Wirtschaft und unser Mittelstand vor Ort daraus schöpfen wird, ist nicht zu unterschätzen.
Europa der Regionen
- Das Europa der Regionen ist der Schlüssel zum Erfolg und zur Akzeptanz der EU an der Basis – in den Kommunen und bei den Menschen.
Wir dürfen die Menschen vor Ort nicht aus den Augen verlieren. Ich bin dafür, dass wir im investiven Bereich noch mehr und attraktivere Förderprogramme brauchen, um in den Regionen und in unseren Kommunen einfache und faire Förderbedingungen für Zukunftsinvestitionen zu schaffen. Als Kommunalpolitiker weiß ich, wo der Schuh drückt. Dazu gehört für mich allem voran eine Förderung von Technologieansiedlungen und eine Förderung des Breitbandausbaus, die dem ländlichen Raum die gleichen Chancen bietet wie der Stadt. Der ländliche Raum in Deutschland braucht genauso Förderprogramme für seine vitale Entwicklung wie der ländliche Raum in Katalonien. Auch in traditionellen Industrieregionen und Großstädten Deutschlands gibt es denselben Strukturwandel wie in zum Beispiel in Polen.
Viele unserer Förderprogramme – insbesondere beim Breitbandausbau – sind zu aufwändig, zu kompliziert und viel zu langwierig in der Umsetzung. Deswegen trete ich dafür ein, dass wir Förderprogramme entwickeln müssen, die einfacher und verständlicher sind – die in einer Kommune von 15.000 Einwohnern mit einer kleinen kommunalen Verwaltung genauso gut genutzt werden können, wie in einer Millionenstadt mit zehntausenden kommunalen Angestellten und Beamten. Gleiches gibt im Übrigen auch für Förderprogramme für unseren Mittelstand.
Der Immobilienmarkt überhitzt derzeit in fast allen Ballungszentren Europas. In vielen Metropolen steigen derzeit die Mieten und Kaufpreise schneller als die Einkommen. Dies schränkt auch zunehmend die Mobilität der Menschen ein und behindert damit die wirtschaftliche Entwicklung. Zur Lösung des Problems brauchen wir ein größeres Angebot an bezahlbarem Wohnraum und attraktive Angebote für den ÖPNV damit das Umland der Metropolen besser erschlossen werden kann. Hier kann die EU durch eine gezielte Förderpolitik Anreize schaffen, um diese wichtige ökonomische und soziale Frage zu entschärfen.
Wer die Stärken unserer Kommunen stärkt, wer den Mut hat, an der Unterschiedlichkeit unserer Regionen festzuhalten und wer statt auf Zentralisierung auf Föderalismus setzt, der wird auch ein Europa aufbauen, dass krisenresistenter und in allen Bereichen breiter und erfolgreicher aufgestellt ist.
Sicherheit ist der Schlüssel, um Vertrauen in Europa zu schaffen
- Mehr Sicherheit im Netz und im echten Leben
Sicherheit ist der Schlüssel, um Vertrauen in den Staat und seine Institutionen zu schaffen. Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen darf nicht unterschätzt werden. Deswegen stehe ich für eine einheitliche Strafverfolgung in Europa und schlagkräftige Sicherheitsbehörden. Wir sprechen uns für Freizügigkeit und offene Binnengrenzen aus, dann müssen wir auch den Mut haben, Sicherheit europäisch zu begreifen. Deshalb brauchen wir eine noch stärkere Vernetzung unserer Sicherheitsbehörden. Nur auf europäischer Ebene können wir die Mittel bereitstellen, um beispielsweise Cyberkriminalität, Bandenkriminalität und auch den Terrorismus wirksam zu bekämpfen.
Wir müssen zudem aus den Fehlern der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 lernen. Auch wenn es eine schwierige Aufgabe ist, so bin ich der Überzeugung, dass wir europaweit einheitliche Asylregelungen brauchen. Nur einheitliche Asylleistungen und Aufnahmebedingungen werden den Migrationsdruck auf einzelne Mitgliedsstaaten reduzieren. Die Sicherung der Außengrenzen muss zudem mit Leben gefüllt werden – die Grenzsicherungsagentur Frontex ist dazu das richtige Instrument, dass nun schnell und effizient umgesetzt werden muss.
Wer über Sicherheit spricht, darf auch die Verteidigungspolitik nicht aus den Augen verlieren. Die USA zieht sich aus Syrien zurück, Russland, die Türkei und der Iran füllen das Machtvakuum. Und was macht die EU? Sie schaut zu.
Hier kann Europa mehr! Wir dürfen bei den Krisen in Nordafrika und dem Nahen Osten – unserer direkten Nachbarschaft – nicht tatenlos zuschauen. Wir müssen handeln, denn im globalen Wettbewerb um den Einfluss auf die Weltregionen unserer direkten Nachbarschaft nutzen China und Russland die Lücke, die die USA und die EU hinterlassen – wirtschaftlich wie auch militärisch.
Deswegen brauchen wir eine schlagkräftige und schnell aufzubauende europäische Kriseninterventionsarmee. Dazu gehört auch eine einheitliche europäische Wehrbeschaffung und Rüstungspolitik, um die durchaus konkurrenzfähigen Mittel aus den europäischen Wehretats effizienter einsetzen zu können und unabhängig von Waffenentwicklungen aus dem Ausland zu sein. Wenn wir diese Hürden nehmen, bin ich sicher, dass wir auf die hybriden Bedrohungsszenarien unserer Zeit eine klare Antwort geben können.
Klimaschutz kann nur europäisch funktionieren
- Klimaschutz muss unideologisch und europäisch sein
Die aktuelle Debatte um Diesel-Fahrverbote zeigt: Umweltpolitische Einzelinteressen werden in der öffentlichen Debatte in den Vordergrund gespielt – ganz zu Lasten des Großen Ganzen und des Klimaschutzes.
Den „Diesel“ als Technologie zu verteufeln mag helfen, Stickoxid- und Feinstaub-Grenzwerte schneller zu erreichen, wirft uns allerdings wirtschaftlich als Technologie-Führer und auch bei der Erreichung der Klimaschutzziele weit zurück.
In der Güterabwägung der potentiellen ökologischen wie volkswirtschaftlichen Schäden eines Klimawandels gegenüber den Schäden von sich bereits sich bessernden Feinstaub- und Stickoxid-Belastungen in Städten muss unsere Priorität eindeutig dem Klimaschutz gelten. Dazu brauchen wir eine Förderung eines ausgewogenen Technologie-Mix aus Brennstoffzellen- und Elektromobilität – und als günstige und verfügbare Übergangstechnologie auch moderne Diesel.
Die beschlossenen CO2-Einspar-Ziele bei PKWs, LKWs und Bussen sind eine gute Mischung aus wirtschaftlich verträglichen Vorgaben und erreichbaren Klimaschutzzielen. Aber vor allem die Energiewende – egal ob bei der Stromerzeugung oder der Wärmeerzeugung in privaten Haushalten – wird nur europaweit funktionieren. Die EU bietet mit ihrer Reichweite den richtigen Rahmen, um den Investitionsstau beim Ausbau unserer Stromtrassen, erneuerbarer Energien und den Aufbau einer Wasserstoffindustrie schnell und effizient voranzutreiben. Nicht überall sind Wind, Sonne und Wasser gleich effizient – jede Region Europas hat hier andere Stärken, die wir effizient ausschöpfen müssen. Wir brauchen einen pragmatischen und wirkungsvollen Ansatz, um unsere dringend notwendigen Klimaschutzziele zu erreichen.